Die vier Perspektivfiguren des Eisenzeitromans
Mein Roman „Der silberne Kessel“ spielt in Dänemark zu Beginn unserer Zeitrechnung, also etwa vor 2000 Jahren. Römer dringen in germanisches Gebiet vor, der jütländische Heerkönig lässt sie gewähren. Doch eine junge Kriegerin will die Römer mit Hilfe eines Zauberkessels vertreiben. Leider befindet sich der Kessel in dem Grab einer Druidin, das mit einem Fluch geschützt ist.
Vier Hauptfiguren des Romans erzählen die Geschichte aus ihrer Sicht, aus ihrer „Perspektive“.
Thorwaltshunt, der alternde Heerkönig
Thorwaltshunt ist schon lange Heerkönig von Nordgard, einer Hafenstadt im Norden Jütlands (heutiges Dänemark). Er hat die Stadt mit aufgebaut. Teilweise habe ich mich bei der Figur des Heerkönigs an dem irischen Helden Cú Chulainn orientiert, dessen Name „Hund des Culann“ bedeutet. Thorwaltshunt trägt auf seinem rasierten Schädel eine Tätowierung, den Odinsknoten. Drei ineinander verschlungene Dreiecke: Sie stehen für Mut, Kraft und Ehre. Eigenschaften, aus denen der Nachruhm gewebt ist.
Als junger Mann galt Thorwaltshunt als unbezwingbar. Er ist immer noch charismatisch und schlau. Vor allem sucht er den Ruhm, genauer gesagt den Nachruhm, der nach seinem Tod zurückbleibt.
Wie Cú Chulainn erhält Thorwaltshunt seinen Namen erst nach einer Heldentat: Weil er den Wachhund des Schmieds Thorwalt versehentlich tötete, nimmt er selbst die Rolle des Hundes ein. Mehrere Jahre lang ist er sozusagen der Bodyguard von Thorwalt und bekommt den Ehrennamen „Thorwaltshunt“.
Als Kind hieß der Heerkönig Askan, ein belangloser Name, der einfach nur „Junge“ bedeutet. Das Zitat in der Abbildung stammt aus einer Szene, in der Askan ein geheimes Ritual belauscht.
Die Hafenstädte in Jütland werden manchmal von Piraten überfallen, die aus dem Norden kommen. Doch in Nordgard glaubt man sich vor diesen Banditen sicher, denn die Stadt ist groß und wehrhaft.
Als dann doch mitten in der Nacht die Wache niedergestochen und der Hafen geplündert wird, ist Thorwaltshunt als einer der ersten vor Ort.
Thorwaltshunt hat viele Gefolgsleute. Seine wichtigste Ratgeberin ist die Großdruidin Busla, die er schon aus jungen Jahren kennt. Als Thorwaltshunt sich in den Kopf setzt, eine junge Frau zu heiraten, die Auserwählte jedoch auf sein Werben nicht eingeht, wendet er sich an Busla. In einer Herbstnacht besucht er sie in ihrer Druidinnenhütte.
Um zu erfahren, was Busla ihm rät, musst du den Roman lesen. Was ich dir jedoch hier schon verrate ist, dass Thorwaltshunt Schnee dazu braucht.
Erkenhild, die starrköpfige Kriegerin
Ihrem Heerkönig Thorwaltshunt ist Erkenhild treu ergeben. Bei einem Piratenangriff verliert Thorwaltshunt sein Schwert Tyrsfingr. Sein Gegner holt schon gegen ihn aus. Da springt eine weißblonde Kriegerin hinter Thorwalthunts Gegner und sticht ihm ihr Schwert in den Rücken: Erkenhild.
Bei einem Auftrag kann Erkenhild ihre Schützlinge nicht vor einem Angriff bewahren. Einer der ihr Angetrauten wird auf dem Heimweg mit einem Wurfspieß erschossen. Das Wichtigste ist nun, wenigstens den zweiten Schützling sicher nach Hause zu bringen. Doch am nächsten Morgen will Erkenhild zum Tatort zurückkehren und die Spuren verfolgen.
Ich hatte geschrieben, dass Erkenhild, eine treue Gefolgsfrau von Thorwaltshunt ist. Das ändert sich im Laufe der Handlung. Es kommt der Tag, wo die beiden sich nicht mehr einig sind. Lies den Roman, wenn du wissen willst, was die tapfere Kriegerin dazu gebracht hat, ihre Meinung über Thorwaltshunt zu ändern.
Ihre Kampftechnik hat Erkenhild den Krähen abgeguckt: Sie treiben einen Greifvogel in die Flucht, obwohl sie es von der Kraft her nicht mit ihm aufnehmen können. Den gegnerischen Hieb lassen sie im letzten Moment ins Leere gehen. Die ungebremste Wucht bringt den Angreifer selbst ins Schleudern. In diesem Augenblick der Schwäche schlagen die Krähen dem Greifvogel ihre Krallen in die ungeschützten Weichteile.
Doch manchmal reicht es nicht, kämpfen zu können.
Friya, die verstoßene Tochter
Friya, eine junge Bäuerin, muss ihre Heimat verlassen. Auf ihrer Reise in den Norden durchquert sie unbekannte Landschaften. Als Kind hat sie mit ihrem Bruder mit Rindenschiffchen gespielt und sich die großen jütländischen Häfen vorgestellt. Doch gesehen hat sie bisher nur Ruderboote auf dem Flüsschen, das an ihrem Dorf vorbeifließt.
Friya ist nicht allein unterwegs. Sie hat den Hund Freki dabei, den sie zusammen mit einem Rucksack nach Nordgard bringen soll. Mit dem Rucksack hat Friya keine Probleme. Aber der Hund macht ihr Sorgen, denn mit einem solchen Tier kennt sie sich nicht aus. Im Dorf hatte nur der Schmied einen Hund. Der bekam die Reste zu fressen oder fing sich selbst Mäuse, Spinnen und Vogeljungen. Doch der fremde Hund ist an der Leine, und Friya hat selbst kaum etwas zu essen.
Bald sind ihre Vorräte aufgebraucht. Doch sie hat keine Zeit anzuhalten und sich Arbeit zu suchen. In Nordgard wartet jemand darauf, dass sie den Rucksack bringt. Aber ohne Essen kommt Friya nicht weiter. Sie gerät in Schwierigkeiten.
Dann lernt Friya Katek, die Diebin, kennen. Und sie setzt alles daran, von Katek die Anerkennung zu finden, die ihr in ihrem Dorf verwehrt wurde.
Katek, die geschickte Diebin
Katek bedeutet Eichhörnchen. Der Name passt gut zu der quirligen Rothaarigen, die noch so jung ist, dass sie auch für einen Jungen durchgehen kann. Sie ist eine Reisende, das sind Händler*innen, die durchs Land ziehen und ihre Waren auf Märkten verkaufen. Auch Schausteller*innen gehören zu den Reisenden. Mit ihrem Kompagnon Blatč treibt Katek Handel und sie führt gegen einen kleinen Lohn akrobatische Kunststücke vor.
Wenn sich die Gelegenheit ergibt, nutzt Katek ihre Geschicklichkeit jedoch auch zum Diebstahl. Natürlich dürfen die anderen Reisenden davon nichts mitbekommen. Und die Sesshaften schon gar nicht. Mit einem unbekannten Auftraggeber trifft sie sich auf einem verlassenen Thingplatz am Rand des Fuchsmoors.
Zu der Szene gibt es eine Videolesung. Schau mal rein!
So viel Silber wie du tragen kannst – diesen Lohn hat ihr der Fremde versprochen. Da braucht Katek nicht lang zu überlegen, ob sie den Auftrag annimmt. Und natürlich kommt ihr Kompagnon Blatč mit, das ist so sicher wie Schnee im Winter.
Durch dick und dünn geht Blatč mit Katek. Nur als Geliebte sucht er sich auf jedem Lagerplatz eine andere, die er stets „meine Holde“ nennt. Um dem etwas entgegenzusetzen, versucht Katek, Blatč zu imponieren. Und geht dabei große Risiken ein.
Eine der Hauptfiguren des Romans, doch keine Perspektivfigur
Busla, Großdruidin von Nordgard
Außer den vier Perspektivfiguren gibt es noch andere Hauptfiguren des Romans. Die wichtigste davon ist Busla, die Großdruidin. Den Namen habe ich von Busla, der Zauberin, entlehnt, deren „Fluch“ in der Edda, einer isländischen Sagensammlung, aufgeschrieben ist. Ich habe den Fluch auch zu einem kleinen Teil für den Roman verwendet. In der Szene füllt Erkenhild den Zauberkessel mit Met für den Trunk, der den ganzen Stamm wieder versöhnen soll.
„Weichet Wichte, Gewaltiges komme“, sang Busla mit ihrer tiefen Zeremonienstimme.
Die Krieger stampften mit den Füßen auf den Boden. „Gewaltiges komme“, tönte es im Chor.
„Wanket Klippen, Welt erbebe“, sang Busla.
„Gewaltiges komme“, rief auch Erkenhild. Leif reichte ihr die frisch gefüllte Kanne und sie leerte sie erneut in den Kessel. Das Haupt des Stiers versank unter dem Spiegel, ein dunkler See breitete sich in dem Kessel aus, ein Brunnen in die Anderswelt.
„Wetter brich an, Gewaltiges komme, dringt Loki ein in unsern Kreis, klopft Surts Bruder an den Saal.“
Busla spielt schon im Prolog eine wichtige Rolle. Da ist sie noch eine ganz junge Novizin und trifft das erste Mal in ihrem Leben auf einen Todfeind. Auch diese Szene habe ich in einem Video angelesen:
Bestelle dir auch die Leseprobe. Sie beginnt mit dem Prolog, doch sie geht noch ein gutes Stück darüber hinaus.